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Die
Politische und gesellschaftliche Lage in Rußland |
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1825 starb Zar Alexander I.
überraschend. Durch den geheim gebliebenen Thronverzicht seines Bruders
ergab sich kurzzeitig eine unübersichtliche Situation der Nachfolge. Ca.
3000 Soldaten, überwiegend junge Gardeoffiziere, die während der
Napoleonischen Kriege mit westlichen Lebensformen bekannt geworden waren
und eine politische Umgestaltung Rußlands anstrebten, nutzten das
entstandene Machtvakuum zu einem Aufstand gegen die bestehende Ordnung.
Der sog. Dekabristenaufstand konnte umgehend niedergeschlagen werden, der
neue Zar Nikolaus I. wurde durch die Ereignisse während seiner
Machtübernahme nachhaltig geprägt: Ruhe und Ordnung zu halten, schien
ihm von nun an oberste Pflicht. Dieses Ziel hoffte er mit einem
reaktionären, bürokratischen Polizeistaat in enger Verbindung mit der
orthodoxen Kirche zu erreichen. |
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Da
ein großer Teil der russischen Bildungsschicht mit den hingerichteten
oder verbannten Dekabristen verwandt oder freundschaftlich verbunden
war, schuf Nikolaus I. zu deren Überwachung eine III. Abteilung in
seiner Privatkanzlei, die als "Schrecken der Intelligencija"
traurige Berühmtheit erlangte (Hellmann u.a., 1973: 214 ff.; Kessler,
1985: 77). |
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Das
Land wurde von einer enormen zentralen Bürokratie mit dem Zaren an der
Spitze geleitet. Noch Peter der Große hatte die gewaltige Verwaltung
eingeführt, wobei die strenge Hierarchie des Staatsdienstes wichtiger
wurde, als die Hierarchie der Geburt. Adlige waren verpflichtet, als
Beamte oder Soldaten zu dienen, Landverteilung und Titel waren an die
jeweilige Staatsfunktion geknüpft (Seton-Watson, 1954: 7, 15; Rühl,
1992: 280); auch die Kirche war fest an die Person des Zaren gebunden.
Hinsichtlich der byzantinischen Tradition galt Rußland unter Nikolaus
I. als "absolute Inkarnation des justinianischen Bundes von
Orthodoxie und Autokratie, des Caesaropapismus (Mette, 1949: 76)".
Das Land, in welchem Kropotkin aufwuchs, war eine ausufernde Bürokratie
der schlimmsten Form, kleinere Beamte bekamen so geringe Entlohnung,
daß sie auf Bestechungsgelder angewiesen waren, wurde man unschuldig
verhaftet, gab es keine Berufungsmöglichkeiten etc. (Seton-Watson,
1954: 14 ff.). |
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